Ja, die Zahlen sind beunruhigend: in Deutschland ist die Arbeitslosenquote auf 6,3% gestiegen, allein im Januar wurden wieder 193.000 Menschen mehr als arbeitslos gemeldet, 475.000 mehr als im Januar 2020. 35% der jungen Italiener sind arbeitslos, jeder Dritte. In Süditalien ist es jeder Zweite unter 30 Jahren. Und es betrifft nicht nur die Jungen und schlecht ausgebildeten; auch jeder Fünfte Akademiker in Italien steht ohne Arbeit da.
Das ist dramatisch! Aber Warten und Hoffen ist keine Strategie. Corona beschleunigt aktuell den Wandel der Welt, Arbeiten wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie es war; im Gegenteil, ich fürchte, wir haben von der Radikalität der uns erwartenden Veränderungen noch kaum eine Vorstellung. Es wird nicht mehr normal, das Normale war ja mitunter genau das Problem. Arbeit 4.0 – New Work – wird anders, und wir sollten uns und die Mitarbeiter schleunigst darauf vorbereiten.
Der allgemeine Ruf nach „Umschulung“ kommt etwas hilflos daher. Dabei wäre dies gerade eine „geschenkte“ Zeit, die viele Menschen zum Lernen verwenden könnten. Lernen schafft ja auch Motivation und gibt Vision, was vielen Menschen in dieser (für Viele) hoffnungslosen und frustrierenden Zeit guttun würde. Nur scheint es kein strategisches Herangehen zu geben für Menschen und Unternehmen, die jetzt nicht nur in der Krise, sondern konkret vor dem Aus stehen.
Allgemeinbildung ist gefragt, ja, aber eine andere. Wir brauchen aktuell nicht den „Faust“ von Goethe oder den Merkspruch „333 bei Issos große Keilerei“, auch nicht Algebra und Wurzelziehen, und schon gar nicht das Periodensystem oder die Unterscheidung von dorischen, ionischen und korinthischen Säulen; das alles ist sinnvoll und nützlich, keine Frage, aber es hilft in der gegenwärtigen Situation nicht weiter. Wir bräuchten eine Bildung hin zu Lebensschlüsselkompetenzen für jede(n), unabhängig davon, welchen Beruf er/sie ausübt(e) oder wie man sich beruflich entwickeln möchte
Der Hinweis, die Berufsberatung ausbauen zu wollen klingt irgendwie hilflos, denn dafür bräuchte es eine Berufsberatung, die wüsste, welche Jobs es in 10 Jahren brauchen wird; das kann sie aber nicht gut leisten, denn im Moment haben wir alle keine klare Vorstellung, welche Jobs in 10 Jahren noch zukunftssicher sein werden. Die Arbeitsvermittlung personell auszubauen – was ich in diesen Tagen gelesen habe – wäre ja eine gute Idee, wenn es etwas zu Vermittelndes gäbe. Aber dem Heer von Köchen und Kellnerinnen, Künstler*innen und Verkäufer*innen wird auch eine Vervielfachung von Vermittlern nicht helfen können, weil sie nirgendwo hin vermittelt werden können. Was wir brauchen sind Alternativen und keine Apparate, bessere Ideen und nicht Institutionen.
Lernen der Zukunft ist ein Kompetenzenlernen. Wahrscheinlich wird ein junger Mensch im Laufe seines Lebens 5-7 Mal seinen Job ändern müssen. Breit aufstellen ist also angesagt. Und was wir können werden müssen ist keine Hexerei, sondern relativ leicht herauszufinden. Sämtliche Institute, die sich mit der Zukunft des Lernens beschäftigen, haben Listen, Aufstellungen, Vorschläge. Der deutsche Stifterverband hat dazu anschauliches Material erforscht und aufbereitet, die OECD hat einen Lernkompass 2030 veröffentlicht mit einem Rahmenkonzept, wie zukünftiges Lernen geschehen soll. Von der UNICEF gibt es seit 2018 eine neue Lernagenda für eine neue Generation und von der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es sogar schon Vorschläge, wie man Lebenskompetenzen in den Schulen unterrichten könnte.
Wir können nicht so tun, als ob es das nicht gäbe. Wohl wissen wir nicht genau, was wir arbeiten werden, aber wir wissen ziemlich genau, was wir irgendwie können werden müssen. Und das sollten wir schleunigst lernen!