Respekt vor den Komplexitäten dieser neuen Welt, aber die, auf die es ankommt, rücken bei vielen Unternehmen allzu leicht ins Hintertreffen. Ich habe selbst oft bei Conventions und Jahresmeetings der Führungskräfte erlebt, wie stundenlang um Nichtigkeiten herumgeredet wurde, bis ich dann die Fragen in den Raum stellen durfte: „Wollen wir nicht auch ein wenig über unsere Kunden reden?“ Ach ja, richtig, die Kunden. Denn auf die kommt es – wenigstens in Unternehmen, die am Jahresende Gewinn machen sollten - ja schlussendlich an. Dass der Kunde König ist, will ich ja gar nicht behaupten: aber er ist zumindest ein reicher Prinz oder eine reiche Prinzessin, die bei unserer Firma Geld liegen lassen will.
Das tut Kunden aber nicht einfach so, sie wollen dafür Gegenleistung. Und wie diese, inklusive Service und Beschwerden und Kommunikation ideal funktioniert, kümmert sich das CRM – das sog. Customer Relationship Management. Was aber – und diese provokante Frage stelle ich gerne – was, wenn wir unsere Kunden nicht nur zufriedenstellen, sondern sogar begeistern könnten, so dass sie Fans oder gar Markenbotschafter würden?
Dafür helfen mir in Workshops ungewöhnliche Fragen, die es erlauben, tiefer in Kundengefühle einzusteigen. Wer würden die Kunden gerne sein, und wie hilft unser Produkt, dass sie das sein könnten? Was wünschen sie sich und wie könnten wir helfen, diesem Wunsch zu entsprechen?
Sich in die Kundenperspektive zu versetzen, bedeutet nicht, ein schönes Mission-Statement und ein tiefgründiges Werte-Leitbild zu verfassen. Viel wichtiger als die Frage „Wie sehen wir uns?“ ist doch die Frage „Wie sehen uns die Kunden?“ Welche Versprechen glauben sie uns welche nicht und warum nicht? Was wären denn die drei Eigenschaften, mit denen uns unsere Kunden beschreiben würden? Das wäre doch viel zielführender als das, was wir von uns behaupten, nette Sprüche über uns selbst haben wir doch auf Lager. Aber trifft das zu, werden wir tatsächlich so wahrgenommen?
Haben wir die Customer Journey, die Reise, die unsere Kunden machen müssen, nachgelebt? Sind wir die Wege gegangen, die unsere Kunden gehen müssen, haben wir erlebt, was sie erleben? Haben wir – wie sie – stundenlang in der telefonischen Warteschleife gehangen, sind wir – wie sie – unverrichteter Dinge abgezogen, weil die Kollegen wieder einmal krank waren?
Kundenzufriedenheit ist ein weites Feld und beinhaltet Rat geben, unterstützen, sich um sie kümmern, helfen, zufriedenstellen; natürlich muss man Qualität bieten und kompetent sein. Aber das geht alles nur, wenn man gelernt hat, auf die Menschen, die vor uns stehen, einzugehen.
Und wer echt mutig ist und tatsächlich nach der Wahrheit sucht, bekommt gute Antworten wir auch auf die Frage, was unsere Kunden an uns hassen, abgrundtief hassen, wo wir ihnen auf die Nerven gehen.
Dann werden sie uns sagen, ob wir die Werte, die wir verkündigen auch tatsächlich leben, oder ob sie nur um Werte-Leitbild drinstehen. Und dann werden wir verstehen, warum so alte Werte wie Vertrauen und Verlässlichkeit so wichtig sind. Und Begeisterung! Denn wenn wir nicht begeistert von uns, von unseren Produkten, von unseren Kunden sind, warum sollten sie es dann von uns sein?