VUCA ist das Akronym für VOLATILITY, UNCERTAINTY, COMPLEXITY, AMBIGUITY und eine mittlerweile anerkannte Umschreibung für eine Welt, die ein Ergebnis ist einer Vielzahl in sich zusammenhängender und zusammenspielender Faktoren, die immer wieder zu massiven Veränderungen führen. VUCA ist zugleich die Beschreibung einer akuten Flatterhaftigkeit und permanenten Undurchschaubarkeit unserer Welt, unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, verbunden mit der bangen Frage, wie es weitergehen soll.
Volatilität
Sprunghaftigkeit. In diesem Corona-Jahr haben auch die Nichtmathematiker unter uns gelernt, was exponentielles Wachstum ist. Exponentiell, die Zahlen entwickeln sich nicht mehr linear und durchschaubar, sondern wachsen sprunghaft und unkalkulierbar an. In solchen Zeiten ist Planung schwierig, denn die Zahlen und die Ereignisse überschlagen sich. Deshalb gibt es nun schon die 4. Verordnung unseres Ministerpräsidenten innerhalb eines Monats und die x-te lokale Nachbesserung mit den Folgen, die ein Gastronom so schön auf den Punkt gebracht hat: „Heute geöffnet bis 22.00 Uhr, nein, doch nur bis 20.00 Uhr, nein geschlossen, ach nein, doch wieder offen, aber nur im Stehen, doch wieder bis 18.00 Uhr, aber am Wochenende nicht, wartet, ich muss mal fragen ….“
Was am Dienstag galt, muss am Freitag schon nicht mehr gelten. Hört sich lustig an, ist es aber nicht, denn diese volatile normative Situation hat enorme, ja oft bedrohende Auswirkungen. Man kann den Unmut der Kaufleute nachvollziehen, die sich mit Waren für das Weihnachtsgeschäft eingedeckt haben und nun keine Ahnung haben, was sie im Dezember tun werden dürfen und riskieren, auf der Ware sitzen zu bleiben. Man fühlt mit Gastronomen und Friseuren mit, die – aufgrund von Verordnungen und Anweisungen – in ihre Betriebe investiert haben, um sie coronafitt zu machen, und nun soll das alles nicht mehr gelten. Volatilität. Auch an den Börsen.
Ungewissheit
Unser Alltag wird zunehmend unberechenbarer, unvorhersehbar, ungewiss. In diesen Tagen sitze ich am PC und streiche Termine aus dem Kalender. Abgesagt. Also verschieben? Aber auf wann? Werden wir dieses Seminar im Januar durchführen können? Wird diese Inszenierung im März möglich sein? Werden wir diesen Kongress im Mai abhalten können? Die Ungewissheit rüttelt auch private Organisationformen durcheinander: „KITA geschlossen“ hört sich einfach an, hat aber immense Auswirkungen auf den Alltag der Familien. Wohin mit den Kindern, wenn der Boss zur Arbeit ruft und die Oma nicht einsetzbar ist, weil sie ja Risikogruppe ist und möglichst weggesperrt werden muss?
Complexität
Immer mehr relevante Einflussfaktoren bedingen sich gegenseitig, die Gleichung bekommt immer mehr Unbekannte. Wenige Rufezeichen, viele Fragezeichen. Unser Lebensalltag ist mittlerweile geprägt von einem System gegenseitiger Interdependenzen, also Abhängigkeiten, Reziprozitäten, die sich in sich selber bedingen. Und so starren wir auf den R-Faktor und anderes (ja, verdamt, was war jetzt wichtig, dass wir es im Blick behielten) im bangen Gefühl, dass das übermorgen schon alles wieder anders sein könnte. Und darf man jetzt nach Deutschland oder nach Mailand, und welchen Test braucht es dafür? Beruflich schon, privat nicht. . Besser Zug oder im Auto? Und kann man die Tickets noch reservieren, wenn nun nur mehr die Hälfte der Fahrgäste zugelassen ist? Das ist scheinbares Chaos und wird auch schnell dazu verwendet, um über die Politiker zu schimpfen, die aber nicht Verursacher dieser Situation sind, sondern ebenso zu den Opfern einer zunehmend undurchschaubaren komplexen Welt werden. Wir haben – da liegt ein Problem vor – nie gelernt, mit komplexen Ordnungen umzugehen. Wir hängen immer noch im alten und kaum mehr wirksamen Ursache-Wirkung Modell fest, das für komplizierte Systeme wunderbar funktionierte, aber für komplexe Systeme nicht mehr oder nur mehr unzureichend greift.
Ambiguität
Und was wenn Trump doch recht gehabt hätte? Und was, wenn der schwedische Weg doch der richtigere war? Und jetzt kommen auch noch die Virologen – allesamt anerkannte Wissenschaftler -, die den Sinn von Lockdowns bezweifeln und Zahlen vorlegen, die eindeutig beweisen, dass ein Lockdown nichts bringt. Und zugleich kommen die Experten, die die Regierung beraten – allesamt anerkannte Wissenschaftler – und behaupten, die Maßnahmen seien zu schwach. Was nun? Wir tun uns sehr schwer zu verstehen, wo die Wahrheit liegen könnte.
Die VUCA-Welt ist herausfordernd. Aber weil sie – wie das Virus – nicht so schnell verschwinden wird, tut man gut daran, in ein stabiles Selbstbewusstsein zu investieren. Resilienz und Antifragilität wären jetzt gefragte Kompetenzen, die uns in solchen Zeiten gesund erhalten. Kreativität und Agilität sind im Alltag hilfreich, aber auch im Business, denn jeder Krise ist auch Chance. Und wohl dem, der sich bei Zeiten ein Netzwerk gebaut hat, auf das er sich verlassen kann.