(Licht im Lockdown #2 - bevor ihr mir hysterisch werdet)
Eine Krise ist kein Fakt, sondern entsteht im Kopf! Es ist ein Zustand zwischen einem Zustand A, der nicht mehr ist und einem Zustand B, der noch nicht ist. Ob dieser Zustand tatsächlich kritisch ist, hängt in erster Linie damit zusammen, wie er bewertet, wie er eingeschätzt wird. Man könnte sagen, eine Krise entsteht erst durch eine Entscheidung darüber, wie die Situation und die eigene Kompetenz zur Bewältigung dieser Situation eingeschätzt werden.
Die Fakten über eine Situation sind die, die sie sind: Wenn man gekündigt worden ist, hat man keinen Job mehr; wenn man nicht mehr gesund ist, ist man krank. Wer verlassen worden ist, ist allein. Das ist Fakt!
Wie aber diese Fakten in ihrer Auswirkung bewertet und eingeschätzt werden, hängt mit der eigenen Persönlichkeit, mit dem Charakter, mit der persönlichen Resilienz und mit der eigenen Erfahrung zusammen.
Deshalb entsteht jede Krise zunächst im Kopf und hat primär mit unserer Welt-Anschauung zu tun, ganz banal mit der Frage: Wie schaue ich auf die Welt?
Du kennst die Farbfilterprogramme auf deinem Smart Phone oder in deinem Bildbearbeitungsprogramm: Das Bild bleibt ja immer dasselbe, aber durch die verschiedenen Filter verändert sich das Ergebnis. So ähnlich verhält es sich mit der Einschätzung von Krisensituationen. Deine An-Schauung bestimmt darüber, ob du etwas braun, grün, blau, rot oder wie auch immer siehst. Oder Pink. Und ob Du eine Krise siehst.
Schlussendlich ist eine Krise eine große generelle Vertrauensfrage. Das Alte, das Bekannte, Zustand A war mir „vertraut“; ich hatte Zutrauen in meine Situation, in meine Komfortzone. Dieses Vertrauen ist nun ein Stück weit verloren gegangen. Und man weiß nicht, ob man Zustand B, dem Neuen, das da kommen wird, tatsächlich über den Weg trauen kann….
Zum einen entsteht Krise also in der persönlichen Einschätzung der Faktenlage durch Welt-Anschauung.
Noch viel wichtiger bei der Bewertung einer kritischen Situation ist aber die Frage, welche Möglichkeiten sich mir bieten, mit dieser neuen Situation zurechtzukommen (oder auch nicht) und hier spielt wesentlich wiederum prägend und entscheidend mit, welche Erfahrung ich persönlich schon bei der Bewältigung ähnlicher Situationen gemacht habe.
Proaktive Menschen werden von Krisen nicht nur nicht demoralisiert, sondern bauen sich in schwierigen, herausfordernden Situationen sogar richtig daran auf. Sie sind geübt im Umgang mit neuen Situationen, freuen sich gar daran, weil sie wissen, sie sind schon oft recht gut und unbeschadet aus Krisensituationen herausgekommen.
Wer hingegen noch nie besonders gut war im Bewältigen von Krisensituationen, wer in seiner Erinnerung überwiegend Momente des Scheiterns abgespeichert hat, wird sich selbst weniger ver-trauen und weniger zu-trauen und sich in der Bewertung eher zögerlich zurückhaltend, vielleicht sogar ängstlich, nervös, verstört verhalten. Oder sogar verzweifelt, panisch, hysterisch.
Durch meine Welt-Anschauung, also durch die Brille, durch die ich auf eine Situation schaue, versuche ich einzuordnen, wie (un)bedrohlich eine kritische Situation ist bzw. sein könnte oder sich entwickeln könnte: Einschätzung der Lage.
Mein Erfahrungsrucksack hingegen hilft mir einzuschätzen, welche bewährte Erfahrung ich schon im Bewältigen ähnlicher Situationen habe.
Je nachdem, zu welchen Ergebnissen ich komme, wird sich eine Krise zuspitzen oder gar nicht mal so sehr als solche empfunden.
Nimm dir Zeit für Einschätzung, Bewertung, Entscheidung. Du musst dich entscheiden, ob die neue Situation, so wie du sie einschätzt, mit deinem Erfahrungspotential bewältigbar ist oder nicht. Wenn ja, ist es keine Krise, sondern eine Chance. Krise bedeutet nämlich – auch wörtlich – zunächst einmal nur Bewertung. Das Wort Krise ist dem lateinischen crisis entlehnt und zirkuliert in der deutschen Sprache seit ungefähr 500 Jahren. Es geht auf das griechische Wort krisis zurück und bedeutet – völlig unspektakulär – eigentlich nur: Trennung, Entscheidung, Beurteilung, Meinung. Das entsprechende griechische Verb dazu ist krínein, was mit trennen, scheiden, unterscheiden übersetzt werden könnte. Auf dieses Verb geht auch das Wort Kritik zurück, also Bewertung, eine Entscheidung über etwas. Was tut ein Kritiker: Er bewertet, beurteilt, gibt eine Meinung über etwas ab. Das ist nun dein Job: Bewerte!