Schon vor Corona waren wir uns bewusst, dass wir in der Ära des New Work angelangt waren. Arbeit verändert sich seit Beginn des 3. Jahrtausend radikal. Dafür gibt es mehrere Ursachen wie Globalisierung, Automatisierung, Robotisierung, aber vor allem die Digitalisierung. Aber Digitalisierung ist nur auf den ersten Blick eine technologische Revolution; sie verändert das Mindset und ruft nach einer neuen Kultur. Zugleich kommt nun eine neue Generation in unsere Firmen, die mit einer völlig neuen Denke aufgewachsen ist und die andere Führungs-Muster braucht als die vergangenen. Die Personaler sind oft recht hilflos: Diese Mitarbeiter kündigen nach 2-3 Jahren, scheinen kaum loyal zum Unternehmen, die Bereitschaft, sich für das Unternehmen ins Zeug zu hängen scheint sehr gering, herkömmliche Boni- und Prämiensysteme greifen scheinbar nicht mehr. Was tun? Und warum sind die so anders?
Die heute 20-40jährigen sind unter völlig neuen Verhältnissen aufgewachsen. Es sind nicht nur digital Natives, also unter der Ära des Digitalen Geborenen, sondern auch „Kinder der Augenhöhe“, wie ich sie manchmal nennen. Sie haben das alte Modell „Oben-Unten“ nicht mehr verinnerlicht, sie sind in einer Zeit aufgewachsen, in der altes Autoritätsdenken allmählich untergraben wurde. Die Kinder sagen heute den Eltern, was getan und gekauft wird und was nicht; die Schüler wollen mit dem Lehrer reden – mitreden – über Inhalte, Benotungen, Hausaufgaben; der Patient informiert sich im Internet vorab und diskutiert dann mit dem Arzt über die Therapie; Priester und Politiker haben ihre Autorität verloren, die Bürger wollen mitreden und mitentscheiden. Die Forderung nach Austausch auf Augenhöhe, ohne oben und ohne unten, ist präsent und hat natürlich auch die Arbeitswelt erreicht. Die jungen Talente wollen mitreden, auf Augenhöhe, command and control – kommandieren und kontrollieren – spielt sich nicht mehr, zumindest nicht bei den hellen Köpfen. Sie wollen nicht als Matrikelnummer XY fremdbestimmt malochen, sie wollen auch keine „humane Ressource“ sein (was für ein schreckliches Wort!), sondern eben als eigenständiger Kopf wahrgenommen werden, autonom und selbstbestimmt arbeiten, wollen einen Sinn erkennen in dem was sie tun und verlangen auch von ihren Unternehmen, dass es sich an Werte und Ideale hält. Der Arbeitsplatz ist der Ort, wo man einen bedeutsamen Teil seines Lebens verbringt; wer es sich leisten kann, weil er/sie gut und qualifiziert ist, will diesen Teil des Lebens aber nicht mehr bloß zum reinen „Geldverdienen“ verschwenden, sondern will mehr: sinnstiftend an etwas Bedeutsamen arbeiten. Sinn begeistert, macht die Menschen freudig und glücklich.
Gewiss, Corona hat diesen Trend nun etwas aufgehalten, denn bei so vielen Arbeitslosen wird es in nächster Zeit leichter für Unternehmen sein, Mitarbeiter zu finden. Aber das wird eine kurzzeitige Erholung sein, von der man sich nicht blenden lassen darf.
Ganzheitliches Wohlfühlmanagement investiert in die körperliche, geistige, seelische Fitness der Mitarbeiter und tut alles, damit sie sich mental und emotional wohl fühlen. Dazu gehören auch Werte- und Sinnfragen. Dazu gehört aber auch und vor allem der Aufbau einer Team-Kultur; wenn die Firma als comunity, als Gemeinschaft, als Team von Teams funktioniert, wenn das Beziehungsnetz funktioniert, macht das die Mitarbeiter glücklich, resilient und fit.
Viele meinen, mit der Einrichtung eines Gym-Raumes oder einer Sauna sei es getan. Weit gefehlt, es geht um viel mehr. FGM nimmt die Mitarbeiter wahr, sie werden gesehen. Das wird heute gemeinhin mit „achtsam sein“, „emphatisch sein“ umschrieben, ist aber nur die halbe Miete, wenn es nicht von einer Haltung von Respekt und Wertschätzung begleitet wird.
Man tut alles, dafür, damit die Mitarbeiter gern und engagiert arbeiten. Freiräume bedeutet eben nicht nur örtliche Freiräume, sondern auch zeitliche und geistige Freiräume. Örtliche Freiräume bedeutet, Firmengebäude auszustatten mit Räumen zum konzentrierten Arbeiten, aber auch zum Regenerieren, zum Pflegen von informellen Kontakten, zum Beisammensein (ganz nebenbei bemerkt: hier entstehen 80% aller Innovationen, nicht bei Sitzungen!). Aber ebenso Räume zum Denken, zum unverzweckten Experimentieren und Kreieren ohne Zeitdruck oder auch Räume zum Lernen.
Ein geistiger Freiraum wird hingegen geschaffen, wenn Mitarbeitern zugestanden wird, aktiv, agil und autonom in Dreamteams zusammen zu arbeiten. Der Fachjargon nennt das das „Eigenverantwortung“. Für einige große Kunden haben wir solche 3A-Teams zusammengestellt und die Ergebnisse sind verblüffend.
Warum Feelgood-Management? Weil es sich schlussendlich positiv auf das Geschäftsergebnis auswirkt. WFM´s (Wohlfühlmitarhbeiter*innen) sind weniger oft krank, kommen gerne ins Unternehmen, kommen auch gerne mal bei einer Grippe in die Firma, wo sich andere schon krankschreiben haben lassen; WFM´s leiden auch weniger an Erschöpfung oder gar an Burn Out.
Umfragen ergeben allerdings einen deprimierenden Wert. Anscheinend sind zwei Drittel (andere Quellen sprechen gar von 85%) der Mitarbeiter ihrer Arbeit entfremdet, haben innerlich gekündigt, tun Dienst nach Vorschrift. Was für eine Verschwendung an Energie und Kosten. Und wie leicht man das verändern könnte: durch Begeisterung, durch Wohlfühlen, durch Achtung, Wertschätzung, Respekt, durch gute Herausforderungen, durch Freiräume, ganz einfach gesagt: durch Humanität.
Für ein „menschliches“ Unternehmen engagiert man sich einfach lieber, als wenn der Chef ein Arsch ist.
Foto: Brooke Cagle auf unsplash