Die Digitalisierung des Wissens hat dies nun aber grundlegeng verändert. Der Brockhaus hat ausgedient, im weltweiten Netz steht alles (exponentiell wachsendes) Wissen auf dem aktuellsten Stand zur Verfügung. Wissen ist kein Engpass mehr! Das hat radikale Auswirkungen auf alles Lernen, vor allem auf die Schule: Jeder Schüler kann im Handumdrehen „schlauer“ als die Lehrer sein, weil er – während er in seiner Schulbank sitzt – auf seinem Handy Informationen abrufen kann, die der Lehrer nicht hat. Lehrer als reine (und fast immer noch vorwiegend frontale) Wissensvermittler sind zum Glück eine aussterbende Spezies. Informationen stehen unüberschaubar und jederzeit ajourniert im Mobil Phone unbegrenzt und demokratisch zur Verfügung. Warum verbringen die Lehrer da vorne am Pult dann ihre wertvolle Zeit immer noch vorwiegend mit Wissensvermittlung?
Wissen war fantastisch hilfreich in einer überschaubaren Welt. Wir wussten, Ursache hängt mit Wirkung zusammen, das Leben war für studierte Köpfe recht einfach zu durchschauen, zu planen, zu managen.
Und ironisch kommentiert Yuval Noah Harari in seinen „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“: „In einer solchen Welt ist ein Mehr an Information so ziemlich das Letzte was ein Lehrer seinen Schülern vermitteln muss.“
Also braucht es zunehmend neue Kompetenzen, denn “die Welt belohnt die Menschen nicht mehr für ihr Wissen, sondern für das, was sie mit ihrem Wissen anfangen können.” So der OECD Bildungsdirektor Andreas Schleicher.
Also brauchen wir den radikalen Übergang zum Kompetenzenlernen, individuell, in der Schule, in den Unternehmen, in der persönlichen wie in der beruflichen Weiterbildung. Die Schule versucht sich schon seit einiger Zeit dieser neuen Ausrichtung anzupassen, ist aber immer noch zu stark in der Wissensvermittlung gefangen. „Schule ist immer noch Kodak“, pflege ich in meinen Seminaren zu sagen: Kodak war einmal ein hervorragendes Produkt, in einer vergangenen Zeit.
Schule ist immer noch im Brockhaus-Haus Modus: Man tut so, als ob es eine Menge an überschaubarem Wissen gäbe und die Lehrer sind die Vermittler, Wächter und Prüfer dieses heiligen Wissens. Dabei ist bekannt, dass schulisches Wissen notgedrungen um mindestens 10 Jahre veraltet ist. Im Netz – da wo sich die Schüler besser auskennen als die Lehrer – steht das neue Wissen zur Verfügung, immer aktualisiert, immer auf dem neuesten Stand.
Wir brauchen einen upgrade unseres Lernens: Vom Wissenlernen über das Erfahrungslernen zum Könnenlernen. Vom Wissen zum Können. Umsetzungskompetenzen lernt man nur zu einem kleinen Teil durch Wissenserwerb, aber zu einem viel größeren Teil aus Erfahrungslernen. Wie Albert Einstein bereits gesagt hat: „Lernen ist Erfahrung, alles andere ist Information“. Das alte Learning by Doing taucht wieder mit Vehemenz auf! Die Dinge Tun! Lernen als Erfahrung, ja besser noch: als gemeinsame Erfahrung. Die Lerninhalte Tun! Was wir heute brauchen, müssen wir nicht nur wissen, sondern schlussendlich können. Zum Beispiel Problemlösungskompetenz, Innovationsfähigkeit, Empathie, Kollaboration, Beziehungskompetenz. „Teamkompetenz entsteht nicht durch das Unterrichten von Teamkompetenz, sondern durch das Begleiten der gelingenden praktischen Erfahrung und der dadurch erst ermöglichten persönlichen Entwicklung von Teamkompetenz.“ (Peter Spiegel).